„Lebenschancen“ … das heißt vor allem Bildung
Christian Lindner hat sehr zu recht im Artikel in der ZEIT auch den Begriff „Lebenschancen“ angesprochen. Das ist ein zentrales Leitbild, das – von Dahrendorf geprägt – ein Schlüssel zum modernen Liberalismus ist:
Nur wenn durch Freiheit und Bildung ein Rahmen geschaffen wurde, mit dem junge Menschen wirklich alle Chancen eröffnet bekommen, können Liberalismus und Eigenverantwortung voll zur Geltung kommen. Deshalb brauchen wir ein Bildungssystem, das weggeht von den ideologischen Grabenkämpfen der Vergangenheit, ob nun ein dreigliedriges Schulsystem oder Gesamtschulen besser sind. Beide Schulformen können gute Ergebnisse abliefern. Deshalb sollten wir eine bessere Ausstattung an den Schulen anmahnen, anstatt Schulformkriege zu führen.
Es gibt Zahlen, nach denen den Staat ein Hauptschüler innerhalb der regulären Hauptschule oder Gesamtschule zwischen 3000 und 4000 Euro im Jahr kostet … ein Hauptschulabbrecher in einer Qualifizierungsmaßnahme zum Hauptschulabschluss hinterher teilweise aber weit über 10000 Euro im Jahr. Wir setzen die falschen Prioritäten, wenn wir hinterher heilen wollen, was der Staat am Anfang falsch gemacht hat. Deshalb halte ich eine Verlagerung hin zu einem Chancen eröffneten, vernetzten Bildungssystem, in dem Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Unterricht Hand in Hand gehen und die Lehrer sich wirklich auf das unterrichten konzentrieren können und durch Schulassistenten und das Umfeld entsprechend von anderen Aufgaben entlastet werden.
Genau dafür brauchen wir dann aber mit den Bildungsgutscheinen für das Erststudium und die Ausbildung ein schlüssiges Gesamtkonzept mit dem wir wirklich arbeiten und eben Lebenschancen ohne Neiddiskussionen eröffnen können. Das ist aus meiner Sicht eine der sozialsten Wege Politik zu machen:
Lebenschancen auf dem Weg zur Freiheit ermöglichen und positive Freiräume schaffen.
„Deshalb halte ich eine Verlagerung hin zu einem Chancen eröffneten, vernetzten Bildungssystem, in dem Schulsozialarbeit, Schulpsychologie und Unterricht Hand in Hand gehen und die Lehrer sich wirklich auf das unterrichten konzentrieren können und durch Schulassistenten und das Umfeld entsprechend von anderen Aufgaben entlastet werden.“
Das ist sicherlich der einzige Weg, Menschen aus verschiedenen soziale, kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründen innerhalb einer Gesellschaft zumindest die selben Chancen zu eröffnen und sie so zu mündigen und selbstbestimmten Bürgern werden zu lassen. Auch was das System angeht, Lasse, hast du vollkommen Recht, es ist eigentlich egal welches System wir fahren, solange es in sich konsistent ist und vor allem nicht in jedem Bundesland was völlig anderes gemacht wird. Was aber das Hauptproblem bei der ganzen Sache ist, dass man für diesen Weg viel mehr Lehrer braucht. Man kann über Schulsozialarbeit, Schulpsychologen etc. erst nachdenken wenn die Grundversorgung mit Lehrern überhaupt gewährleistet ist. Das zahlenmäßige Verhältnis Schüler zu Schüler ist essentiell wenn man auf die individuellen Probleme einzelner, und allerSchüler, unabhängig ihrer Herkunft und Begabung, eingehen will. Die Klassen müssen kleiner werden, sonst keine individuelle Betreunung!
Um dies zu erreichen muss natürlich verschiedenes passieren. Zuallererst müssen wir eine gesellschaftliche Sensibilisierung für dieses Thema erreichen, die Rolle von Schule, Bildung und Chancen für unsere Gesellschaft erklären. Dann muss der Beruf des Lehrers so angepasst werden, dass wir den Notstand was die geringe Zahl der Lehrer angeht, abstellen. Der Beruf muss attraktiver werden. Dazu gehört eine bessere Ausbildung, in der viel mehr Wert auf pädagogische Ausbildung gelegt werden muss. Es ist grauenhaft von Lehramtstudierenden zu hören, dass der pädagogische Teil der Lehrerausbildung der kleinste und anscheinend unwichtigste ist, das muss anders werden! Es kann nicht sein dass Lehrer erst in der Schule lernen mit Schülern aus verschiedenen Hintergründen umzugehen.
Und auch hier kann man mit einer einfachen liberalen Weisheit schließen: Wir wollen einen starken Staat!
Nur ist ein starker Staat nicht der, der alle Aufgaben an sich zieht und den Bürgern ihre Freiheit nimmt, sonder ein Staat, der seine Aufgaben, die wir als Gesellschaft ihm übertragen, bestmöglich erledigt und in dem Sinne „stark“ ist. Dies ist leider in Sachen Bildung nicht der Fall, und deshalb muss hier, im Zweifelsfall auch auf Kosten anderer Aufgaben, mehr getan werden, weil Bildung die Zukunft jedes Einzelnen, und damit der gesamten Gesellschaft determiniert!