TTIP-Großdemo schränkt Meinungsfreiheit ein
Anlässlich der Diskussionen und Demonstrationen zu TTIP und CETA in Frankfurt am Main zeigen sich die Freien Demokraten enttäuscht über das dort vorhandene Diskussionsklima: Gemeinsam wollten die FDP Hessen und die FDP Frankfurt getreu dem Motto „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“ in der Nähe der Frankfurter Großdemonstration einen Diskussionsstand anbieten, bei dem Demonstranten auch über die Vorteile von Freihandel hätten diskutieren können. Nach erster Genehmigung durch das Ordnungsamt der Stadt Frankfurt, wurde diese Genehmigung aufgehoben und ein Ort abseits aller TTIP-Demonstrationen vorgeschlagen, da die Polizei nicht die Sicherheit des Standes garantieren konnte. „Die vermeintlich Guten, die für einen gerechten Welthandel einzutreten behaupten, schränken das Recht, eine andere Meinung frei zu äußern, erheblich ein. Wir sehen es als bedenklich für die Meinungsfreiheit in Frankfurt an, dass die Gefahreneinschätzung der Sicherheitsbehörden dazu führt, unser Gesprächsangebot am Opernplatz zu verschieben, weil augenscheinlich einige Teilnehmer der Großdemo nicht mit anderen Meinungen als der eigenen klarkommen“, bedauerte Dr. Thorsten Lieb, Vorsitzender FDP Frankfurt, die Absage des Infostands. Gleichzeitig heben Kreis- und Landesverband hervor, dass dies keine Kritik an Ordnungsamt oder Polizei sei.
Aus Sicht der Freien Demokraten lebt Demokratie vom Meinungsaustausch und den unterschiedlichen Positionen zu einem Thema, um es aus mehreren Blickwinkeln zu betrachten. Dies erfordert eine friedliche und zivilisierte Diskussions- und Demonstrationskultur, denn die Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter in unserem Land. „Anscheinend ist auch bei der TTIP-Großdemo zumindest für einige die Akzeptanz einer anderslautenden Meinung als der eigenen so schwer zu ertragen, dass wir geschützt werden müssten. Für Freie Demokraten, die völlig auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, ist dies eine merkwürdige Situation“, erklärte Lasse Becker, stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Hessen und weiter: „Bei TTIP und CETA geht es für uns darum, dass gerade ein exportorientiertes Land wie Hessen, stark von Freihandel profitieren würde: Wir würden neue Arbeitsplätze in Hessen schaffen und es würden gerade kleine und mittlere Unternehmen davon profitieren. Ein Großunternehmen kann schon heute mit großen Exportabteilungen die Standards verschiedener Länder erfüllen, kleinere Unternehmen haben hier weitaus größere Probleme.“
Die FDP wollte an ihrem Stand den Fragen nachgehen, ob Freihandel mehr Arbeitsplätze schafft, welche Auswirkungen er auf Standards hat, ob Großunternehmen oder eher kleinere Unternehmen Nutznießer von Freihandelsabkommen sind. „Wir sehen sowohl Chancen als auch Risiken durch den Freihandel und sind nach wie vor bereit, dies offen zu diskutieren, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. Einfach nur dagegen zu sein, reicht nicht und ist nicht unsere Lösung, denn wir wollen Europa und unser Land gestalten und bestmöglich aufstellen. In den USA wird diskutiert, ob ein Rohmilchkäse (z.B. Schimmelkäse oder Camembert) wirklich zugelassen werden kann, in Deutschland ist dies umgekehrt bei manchem US-amerikanischen Verfahren der Fall. Wir sollten deshalb immer beide Seiten abwägen, aber hätten zumindest die andere Seite sehr gerne auch diskutiert“, so Lieb.
Lieb und Becker heben abschließend hervor: „Wir Freien Demokraten halten unser Gesprächsangebot weiter aufrecht, aber es macht keinen Sinn abseits des Geschehens diskutieren zu wollen. Wir sind – genau wie viele andere Freie Demokraten – gerne bereit mit den Gegnern von freiem Handel zu diskutieren und kommen dafür auch gerne zur Demonstration vorbei.“